Agenda30 – Lichtverschmutzung

Lichtverschmutzung – was ist das?

Steigungskurve mit Herz Zeigt einen Augapfel in dem die Pupille eine Erdkugel ist Zeigt einen Baum mit Vögel

Der Begriff der Lichtverschmutzung soll die negativen Folgen von künstlicher Beleuchtung für die Umwelt verdeutlichen. Man kann die Natur nicht nur mit Giftstoffen, Abfällen oder Abgasen schädigen, sondern auch mit so etwas vermeintlich Harmlosem wie Licht.

Stellen wir uns eine Welt ohne künstliches Licht vor: es ist nachts im wahrsten Sinne des Wortes „stockdunkel“, die einzige Lichtquelle ist der Mond. Bei Vollmond kann man sich recht gut orientieren, bei Neumond oder bewölktem Himmel allerdings kann man oft nicht einmal sehen, wohin man seinen nächsten Schritt setzt. Für uns Menschen heutzutage hat diese Vorstellung etwas Unwirkliches und auch Unheimliches, so sehr sind wir es gewöhnt, auf Knopfdruck die Nacht zum Tage zu machen. Die Tierwelt allerdings hat sich im Laufe der Evolution an genau diese Gegebenheiten angepasst, viele Arten haben in der dunklen Tageszeit ihre individuelle Nische, ihren Lebensraum gefunden.

Wir können das Ausmaß der Lichtverschmutzung erkennen, wenn wir uns nächtliche Satellitenaufnahmen der großen Ballungsräume in Europa, Nordamerika oder Asien ansehen. Aber auch ein Blick in den nächtlichen Himmel bringt uns eine Erkenntnis: bereits mehr als die Hälfte der Europäer kann die Milchstraße nicht mehr sehen, weil die Lichtquellen von der Erde sogenannte „Lichtglocken“ in der Atmosphäre erzeugen und das Licht der Sterne überlagern.

Das Thema Lichtverschmutzung und deren Vermeidung berührt drei wichtige Ziele der Agenda30:

  • SDG 03 Gesundheit und Wohlergehen – Senkung von Gesundheitsrisiken
  • SDG 13 Maßnahmen zum Klimaschutz – Vermeidung von Treibhausgasen
  • SDG 15 Leben an Land – Schutz der Artenvielfalt


Was ist das Problem?

Wie bereits im Artikel zur Biodiversität dargestellt, sind gerade die Insekten von überragender Bedeutung für die Ökosysteme weltweit. Ca. 60% aller Insekten sind dämmerungs- oder nachtaktiv und bestens an die Dunkelheit angepasst, sie orientieren sich z.B. am Mond und am Licht der Sterne. Dieses Verhalten wird durch künstliches Licht stark negativ beeinflusst: manche Farbanteile des Lichts locken die Insekten über mehrere hundert Meter an. Dort umkreisen die Tiere die Lichtquelle ziellos, weil ihr natürlicher Orientierungssinn nicht mehr funktioniert, und sterben zum Teil an Erschöpfung, durch Verbrennen oder im Gehäuse, weil sie den Weg hinaus nicht mehr finden. Schätzungsweise sterben so jeden Sommer in Deutschland 100 Milliarden Insekten allein an Straßenleuchten.

Daneben hat künstliches Licht mit einem hohen Blauanteil auch verschiedene negative Auswirkungen auf die Gesundheit des Menschen und fördert die Entstehung verschiedener Beschwerden und chronischer Erkrankungen wie Schlafstörungen, Bluthochdruck, Herz-Kreislauf-Erkrankungen, Schlaganfall, Diabetes, Adipositas und möglicherweise auch Krebs.

Die allgegenwärtige Nutzung von künstlichem Licht hat neben vielen Vorzügen auch erhebliche Nachteile, denen wir Beachtung schenken müssen. Dabei gibt es verschiedene Ansätze, um die negativen Auswirkungen zu reduzieren:

  1. Zweckmäßige Beleuchtung
    Es sollte nur dort beleuchtet werden, wo tatsächlich Licht benötigt wird, also möglichst nicht für Effekt und Dekoration. Dies gilt vor allem im Garten, auf Naturflächen und in der Nähe von Wasserflächen.
  2. Angemessene Lichtintensität
    Weniger ist hier oft mehr, je nach dem Ziel der Beleuchtung. Auch die Beschaffenheit der beleuchteten Fläche hat hier einen Einfluss (Farbe, Struktur, Kontrast, Reflexion).
  3. Zielgerichtete Lichtlenkung
    Das Licht sollte sich auf die zu beleuchtenden Fläche konzentrieren, nach oben gerichtete Strahler oder Rundumleuchten sind zu vermeiden. Je niedriger die Lichtquelle montiert ist, desto weniger Blendwirkung und Streuverlust entsteht.
  4. Angepasste Dauer
    Hier können Zeitschaltuhren und Bewegungsmelder gute Dienste leisten.
  5. Warmes Farbspektrum
    Je weniger Blauanteil das Licht enthält, desto geringer sind die ungünstigen Effekte für Mensch und Tier. Es sollten Farbtemperaturen unter 3.000 Kelvin gewählt werden.

Das klingt alles erstmal ziemlich unspektakulär, kann aber in Summe ganz erhebliche Verbesserungen bewirken, wie die beiden folgenden Illustrationen zeigen:

Auszug aus dem ‘Leitfaden zur Eindämmung der Lichtverschmutzung’ des Bayerischen Staatsministeriums für Umwelt und Verbraucherschutz (StMUV)


Was kann der Markt Wernberg-Köblitz tun?

Der Marktrat und die Verwaltung haben die Möglichkeit erkannt, über eine Neuausrichtung der Straßenbeleuchtung einen Beitrag zu den Zielen der Agenda30 zu erreichen. Eine Umrüstung auf insektenschonende und energiesparende Leuchtmittel stellt allerdings eine erhebliche Investition dar, die Haushaltslage muss also im Auge behalten werden.

Da sich viele Kommunen in diesem Spannungsfeld zwischen Artenschutz und finanziellen Engpässen bewegen, sind innovative Ansätze gefragt, die möglichst schnell eine Verbesserung der Beleuchtung ermöglichen, ohne große Einmalinvestitionen zu verursachen. Der regionale Netzbetreiber Bayernwerk Netz GmbH hatte dem Marktrat hierzu im September 2020 folgendes Modell vorgestellt:

  • Von den insgesamt 1.182 Brennstellen im Gemeindegebiet sind bereits 532 mit LED-Technik oder Energiesparlampen ausgerüstet.
  • In einem ersten Schritt werden 109 Leuchten auf LED-Leuchtmittel (sog. „Retrofit“) umgerüstet, bei weiteren 150 alten Langfeld- und Kofferleuchten wird der ganze Lampenkopf ausgetauscht. Diese neuen Gehäuse sind dicht geschlossen, erhitzen sich deutlich weniger und gewährleisten eine präzise Lichtlenkung. Außerdem ermöglichen die modernen Lampenköpfe eine intelligente Steuerung der Beleuchtungsintensität im Tagesverlauf.
  • Insgesamt ergibt sich hierdurch eine Energieeinsparung von 46.000 kWh bzw. 61% für die umgerüsteten Leuchten, dies entspricht in etwa dem Jahresverbrauch von 15 Durchschnittshaushalten (bei 3.000 kWh pro Haushalt). Die Stromkosten vermindern sich voraussichtlich um ca. 11.000 € pro Jahr, bei steigenden Strompreisen fällt die Einsparung sogar noch höher aus. Darüber hinaus werden pro Jahr ca. 22 Tonnen CO2 vermieden.
  • Die Investitionskosten für diese Umrüstung belaufen sich auf ca. 93.000 €, so dass sich die Investition noch innerhalb der Garantiezeit von 10 Jahren amortisiert. Um eine zu starke Belastung des Haushalts zu vermeiden, wird die Investition direkt über die jährliche Einsparung refinanziert. Die laufende Belastung bleibt nahezu unverändert, Bayernwerk gibt der Marktgemeinde sozusagen ein Darlehen, welches über einen Zeitraum von 8,5 Jahren zurückgezahlt wird.
  • Durch die Verwendung von insektenschonenden Leuchtmitteln kann der „Anziehungseffekt“ für Insekten ganz erheblich vermindert werden. So zieht eine Metallhalogenleuchtröhre ca. 5mal so viele Insekten an wie eine LED-Leuchte mit einer Lichttemperatur von 4.000 K. Noch günstiger sind LEDs mit 3.000 Kelvin oder weniger, diese können jedoch nicht überall eingesetzt werden, da man sich z.B. an bereits bestehender Beleuchtung orientieren muss oder die verkehrlichen Gegebenheiten dies verhindern.

Diese Maßnahmen wurden in 2021 bereits umgesetzt. Für 2022 ist eine Umrüstung der verbleibenden Straßenleuchten geplant, da dies mit dem nächsten regulären Wartungsintervall zusammenfällt und so einen zusätzlichen Kostenvorteil bietet. Damit wären dann nahezu alle Brennstellen im Gemeindegebiet auf energiesparende Leuchtmittel umgerüstet.

Darüber hinaus gibt es Überlegungen, in 2022 auch die Straßenbeleuchtung umzurüsten, die im Rahmen der Marktplatzneugestaltung dort und in einem Teilabschnitt der Nürnberger Straße verbaut wurden. Diese modern designten Leuchten mit indirekter Beleuchtung sind noch mit Halogenleuchtmitteln ausgestattet, bei denen ein Austausch eine Stromersparnis von 60%-70% ermöglichen könnte. Bisher war ein Austausch an der Verfügbarkeit passender Alternativen gescheitert.

Neben der Umrüstung der Straßenbeleuchtung wurden auch die Beleuchtungskonzepte der gemeindlichen Gebäude geprüft und angepasst. Nach dem Bayerischen Immissionsschutzgesetz dürfen die Fassaden öffentlicher Gebäude von 23.00 Uhr bis zur Morgendämmerung grundsätzlich nicht mehr beleuchtet werden, daher wurde z.B. die Beleuchtung der Kirche St. Anna stark eingeschränkt.


Und was kann ich selber tun?

Im Prinzip gelten für die privaten, gewerblichen, kirchlichen und vereinseigenen Gebäude und Einrichtungen dieselben Überlegungen wie für die kommunalen Einrichtungen.

Ganz konkret kann und sollte z.B. auf rein dekorative Beleuchtung der Hofeinfahrt, des Gartens oder des Gebäudes verzichtet werden, vor allem im Frühling, Sommer und Herbst. Die vorhandenen Leuchten sollten nach den 5 obenstehenden Kriterien überprüft werden. Himmelwärts gerichtete Strahler haben in der Regel nur wenig Beleuchtungseffekt und beeinträchtigen die Insekten unverhältnismäßig.

Und natürlich kann man jederzeit selbst die Initiative ergreifen und bei den Verantwortlichen Verbesserungsvorschläge anbringen, wenn man auf eine ungünstige Beleuchtungssituation aufmerksam wird.

Bei allen Überlegungen dürfen wir aber nicht vergessen, dass Licht und Sichtbarkeit auch die Verkehrssicherheit und überhaupt das Sicherheitsgefühl im öffentlichen Raum verbessern. Insoweit muss der Sinn und Zweck der Beleuchtung immer im Vordergrund stehen, angepasst an die jeweiligen Erfordernisse.


Wo kann ich mich weiter informieren?

Das Bayerische Staatsministerium für Umwelt und Verbraucherschutz hat einen Leitfaden zur Eindämmung der Lichtverschmutzung herausgegeben, aus dem ein Teil der obenstehenden Informationen entnommen wurden. Dieser Leitfaden kann unter www.bestellen.bayern.de kostenlos heruntergeladen werden (Suche nach „Lichtverschmutzung“)

Unter www.paten-der-nacht.de sind viele anschauliche Abbildungen zum Ausmaß der Lichtverschmutzung, weitergehende Informationen und Tipps zugänglich.

Über die weiteren Schritte und Maßnahmen werden wir Sie natürlich auf dem Laufenden halten.

Wenn Sie Fragen oder Anregungen für uns haben, schicken Sie uns jederzeit gerne eine Nachricht unter agenda30.beauftragte@wernberg-koeblitz.de

Georg Schlögl und Cornelia Paulus
Agenda30-Beauftragte des Marktes Wernberg-Köblitz